Mittwoch, 03 Februar 2021 21:27

Das geplante Tecnocentre beim AKW Fessenheim stößt auf viel Kritik

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Weil auf dem Gelände des AKW Fessenheim noch Platz ist, plant der französische Energiekonzern EDF, dort ein Tecnocentre zu bauen. Weil auf dem Gelände des AKW Fessenheim noch Platz ist, plant der französische Energiekonzern EDF, dort ein Tecnocentre zu bauen. SEBASTIEN BOZON

 

Von Gerold Zink

In Fessenheim könnte eine Schmelzanlage für Reaktorschrott entstehen. Sollte die EDF die Pläne verwirklichen, will Breisachs Bürgermeister seine Haltung zum Post-Fessenheim-Prozess überdenken.

Sollte der französische Energiekonzern EDF auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerkes Fessenheim ein Tecnocentre bauen, in dem radioaktiv belastete Bauteile von anderen Atomanlagen eingeschmolzen werden, dann wird Breisach seine bislang überaus positive Haltung zum Post-Fessenheim-Prozess überdenken. Dies kündigte Bürgermeister Oliver Rein in der jüngsten Gemeinderatssitzung an.

Im benachbarten Frankreich wird derzeit darüber diskutiert, wo das Tecnocentre errichtet werden könnte. Darin sollen größere Bauteile, die beim Abbau von Atomanlagen in Frankreich anfallen, eingeschmolzen oder aufbereitet werden. Die EDF würde das Tecnocentre wohl am liebsten in Fessenheim verwirklichen, weil dort neben den Reaktorblöcken noch Platz für einen Neubau wäre.

Allerdings gibt es besonders von der deutschen Rheinseite heftigen Widerstand gegen das Vorhaben. Der bekannte Atomkraftgegner und Breisacher Gemeinderat Gustav Rosa (SPD) hat in der jüngsten Stadtratssitzung gefordert, dass sich auch Breisachs Bürgermeister Oliver Rein und der Gemeinderat in die Reihe der Gegner dieses Projekts einreihen und die sogenannte Fessenheimer Erklärung unterzeichnen.

Bereits viele Unterzeichner


In dieser bekräftigen bislang 47 Gruppen, Institutionen, Vereine, Kirchengemeinden, politische Parteien und Umweltministerien, dass sie keine neuen Atomanlagen im Elsass und in der Region mehr wollen. Nach über vier Jahrzehnten "nuklearer Bedrohung" durch das Atomkraftwerk Fessenheim und mindestens zwei weiteren Jahren, die bis zum Abtransport der restlichen Brennelemente aus dessen Abklingbecken noch notwendig sind, müsse die atomare Ära am Oberrhein ein Ende haben, schreiben die Unterzeichner. Die wirtschaftliche Zukunft müsse im Sinne des Atomausstiegs und der Energiewende umweltbewusst und ressourcenschonend gestaltet werden – auch und gerade vor dem Hintergrund der Herausforderungen der Klimaveränderung und dem Verlust der Artenvielfalt.

Der von Frankreich und Deutschland gemeinsam in Gang gesetzte und in den jüngsten Aachener Verträgen ratifizierte Zukunftsprozess Fessenheim hat sich laut Stadtrat Gustav Rosa diese Ziele gesetzt und garantiert damit die Schaffung von vielen neuen und "sauberen" Arbeitsplätzen in der Region. "Dem widersprechen die Pläne der EDF für den Bau eines sogenannten Technocentres zur Aufarbeitung und zum Einschmelzen radioaktiv kontaminierter Großkomponenten aus Atomkraftwerken aus ganz Mitteleuropa", heißt es in der Erklärung. Dieses Vorhaben spalte schon jetzt die Gemüter am Oberrhein und drohe zu einem massiven Vertrauensverlust der teilweise sehr guten deutsch-französischen Zusammenarbeit zu führen.

Breisachs Bürgermeister Oliver Rein hat sich noch nicht entschieden, ob er die Erklärung unterzeichnen wird, sagte er auf Anfrage der BZ. Er müsse schauen, welcher Weg politisch am erfolgversprechendsten sei, um das Tecnocentre zu verhindern. Breisachs Rathauschef ist überzeugt, dass es nicht gebaut werden wird, weil es viele sinnvolle Projekte, zum Beispiel den geplanten deutsch-französischen Gewerbepark, in Frage stellen würde. Von Fessenheim aus würden schon heute große Leitungen bis an die Nordsee führen, zum Beispiel für den Transport von Wasserstoff; diese müsse man nutzen.

Superspeicher eine Alternative


Deutlich besser als das Tecnocentre, das rund 150 Arbeitsplätze schaffen würde, seien die von drei Universitäten erstellten Vorschläge – darunter der Bau eines Superspeichers. Sollte das Tecnocentre gegen alle Widerstände aber dennoch durchgeboxt werden, müsse Breisach seine Unterstützung für den Post-Fessenheim-Prozess überdenken. Allerdings ist sich Rein sicher, dass die Politik auf beiden Seiten des Rheins nicht leichtfertig handeln und letztendlich das Tecnocentre verhindern wird.

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  • Verfasser: Gerold Zink
  • NewsTitel: Tecnocentre stößt auf viel Kritik
Gelesen 4785 mal Letzte Änderung am Freitag, 19 Februar 2021 15:49